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Generation Kostenlos: Paywall? Wird weg geklickt!

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Beispiel einer Paywall.
Immer wieder stoßen wir heutzutage auf Banner wie den neben diesem Einleitungstext. Der Teaser einer Meldung ist kostenfrei abrufbar, eventuell auch noch der  Anfang eines Artikels. Doch ab dann wird der Leser zur Kasse gebeten. Im vorliegenden Fall soll natürlich das Bild nur ein Beispiel sein, und wenn Sie, liebe Leser, nun auf weiter klicken, kommen sie selbstverständlich auch kostenlos zu unserem Angebot. Und dies bleibt auch so.


Die aktuelle Diskussion
In den letzten Wochen wechseln nicht nur Fußballspieler ihre Mannschaften, sondern auch auffällig viele Zeitungen ihre Besitzer. So wurde erst letzte Woche die Washington Post an den Gründer von Amazon verkauft. Springer trennte sich von 2 Blättern um sich auf ein gewisses Kern-Geschäft zu konzentrieren.
Zeitungen – und damit auch der Journalismus stecken in einer großen Krise. Absatz-Zahlen fallen, die Nutzer ändern ihr Lese-Verhalten.
Der Spiegel ruft auf zu einer Diskussion über die Zukunft von (Tages-) Zeitungen und die Nerdbench hat sich dazu ebenso Gedanken gemacht.

Der Konsum
Zunächst einmal möchten wir überlegen, wie unser täglicher Nachrichten Konsum aussieht. Da wäre morgens, mittags und auch abends – und wenn wir ganz ehrlich sind, auch noch mal vor dem Schalengehen – der Blogroll: Wir gehen Mobilegeeks, androidpit, androidpolice und apfeltak durch und informieren uns über die neusten Ereignisse in der Tech-Welt. Sind diese Seiten ausgeschöpft öffnet der typische Nerdbench-Redakteur noch einmal die Spiegel-Online App und liest sich dort meistens durch mindestens eine Nachricht  in einer Rubrik. Manchmal auch zwei.
Haben wir nun immer noch Durst nach Neuigkeiten aus unserer Welt gleicht der typische Nerdbench Redakteur diesen mit einem Besuch von shortnews.de aus. Wohlgemerkt ist dies der Punkt, wo man keine ernsthaften Nachrichten mehr konsumieren möchte. Shortnews.de ist wunderbar dafür geeignet nach einem miesen Tag seine Laune aufzubessern.
Nehmen wir folgendes Szenario: Der Praktikant hat einen Artikel wirklich schlecht geschriebn und wird von Michael Freitag oder meiner Person dafür zu recht gestutzt und es geht ihm folglich gar nicht gut danach.
Es ist schon fast eine Dienstanweisung in traurigen Situationen Shortnews.de aufzumachen – und schon liest man von Garagenbauten ohne Ein- und Ausfahrt, Bild-Lesern die irgend einen kuriosen, bizarren Schnappschuss machten oder dem „Blick-Girl“ das beispielsweise die Schule abschaffen möchte und dann, wie in der Überschrift direkt erwähnt, ihre „nackten Brüste“ zeigt. Hat man Glück sind es sogar die nackten „Dusch-Brüste“. Aber selbstverständlich erwarten uns auch seriöse Meldungen auf shortnews: Der „Gegen-Hartz“ Blog hat nämlich mal wieder einen Fall öffentlich gemacht und Nutzer wie „crushial“ teilen dies sofort mit. Außerdem ist mal wieder jemand aus Scientologie ausgestiegen und das Sommerloch schreit quasi danach, alle 2 Stunden über einen ehemaligen King of Queens-Star zu berichten.
Nach dieser Blog-Roll ist nun auch der letzte Nerdbench-Redakteur wieder gut gelaunt, top informiert und bereit für seinen Alltag bei der Nerdbench.

Das Problem
Eine Sache hat der Nerdbench-Redakteur nun aber nicht gemacht: Geld bezahlt für Content. Keinen Cent. Die verschiedenen Redakteure, die wie ich hier gerade, Texte in die Tastatur hauen, sich schöne Formulierungen überlegen und den Wissensdurst anderer Menschen stillen wollen, sehen kein Geld für unsere Nachrichtenrecherche.
Eine Umfrage in der Nerdbench-Redaktion hat ergeben, dass die meisten Redakteure bereits seit 2003 oder früher über Internet zu Hause verfügten – oder eben in Schulen, der Uni oder in der FH. Überall gab und gibt es Internet. Und überall gab und gibt es, langsam und sicher immer mehr, kostenlose Nachrichten Angebote in Merkels Neuland. Wohl gemerkt lange vor Merkels Regierungs-Antritt, in einer Zeit, in der es auch schon einen sogenannten „Medien-Kanzler“ gab. Gefolgt von einem „Medien-Papst“. All diese Menschen nutzen Technologien um direkt mit uns in Kontakt zu treten. Kostenlos. Via Twitter, Facebook oder ihrer Homepage bekommen wir Pressemitteilungen, Berichte oder einen Instagram-Tweet über das Frühstück der jeweiligen Person.
Dies fassen Nachrichten-Agenturen für uns zusammen und servieren es auf einem Blatt Papier – das kein Nerdbench-Redakteur jemals gelernt hat wieder so schön zusammen zu falten, wie es einmal vor dem Lesen war. 
Natürlich haben wir schon einmal unsere Nase in eine Zeitung gesteckt. Klar! Wenn sie beispielsweise im Team-Raum herumlag und man beschäftigt hinein blicken wollte während der Teamleiter Aufgaben verteilt. Oder weil man dies für die Uni machen musste – und da hat es oft gereicht schnell im Zeitungsladen die Schlagzeilen zu sichten. Dafür musste man nicht einmal die Zeitung anfassen.
Zeitungen sind für die Redakteure der Nerdbench also eher ein Zweckmittel. Sie werden nicht freiwillig bedient, sondern weil man sie benutzen muss, oder weil sie benutzt werden um Aufgaben zu entgehen (ja, wir sind sehr fleißige Redakteure). Der Konsum von Meldungen, Nachrichten ist bereits in der Jugend digital geschehen. Anfangs noch vor Röhrenmonitoren, dann Flachbildschirmen, PDAs und schließlich Smartphones. 
Daraus kann man durchaus schließen: Wir sind bereit Geld für das Konsumieren von Content auszugeben. Aber nicht für  die Inhalte selbst, sondern nur für die Geräte die dies ermöglichen.

Mangelende Attraktivität
Was überzeugt uns, Geld für Content auszugeben? Über diese Frage zerbrechen sich sicherlich gerade viele hochbezahlte Manager ihre Köpfe. An dieser Stelle können wir Ihnen, liebe Zeitungsinhaber, sagen: Sparen Sie sich das Geld! Das wird nix. Und wir erzählen Ihnen auch warum:

Das Problem am Zeitungswesen ist, dass nicht mit fiktiven sondern realen Daten gehandelt wird. Ereignisse, Ergebnisse und Informationen werden weiter getragen. Tagesaktuell. Zeitungen sind im Prinzip stets veraltet, wenn man sie morgens aufmacht. Beispielsweise las die Nerdbench im Team-Raum donnerstags, dass sich der Bahnchef am heutigen Tag (also Donnerstags) über die Lage  am Mainzer Hauptbahnhof äußern wird. Jetzt war es  aber bereits Donnerstag. Die Zeitung wird schließlich mittwochnachts gedruckt, mit den Informationen von Mittwochabend.
Als wir die Zeitung aber – notgedrungen, um nicht arbeiten zu müssen – aufschlugen war es gerade 11 Uhr. Der Bahnchef hatte also bereits gesprochen. Aber das ist kein Problem. Sich morgen in der Zeitung über das Gespräch zu informieren ist ja kein Problem. Es eilt ja nicht.
Natürlich ist das ein Problem. Wir müssen eventuell bis Feierabend wissen, ob wir unseren Zug nach Hause bekommen können oder in der Redaktion schlafen müssen. Das Medium Zeitung ist dafür zu statisch. Es macht es unattraktiv.
Aber auch im Internet Angebot mangelt es an Attraktivität. Was genau ist es wert, dass wir wie bei Bild.de beispielsweise 4,99 zahlen würden?
Die Nerdbench konnte mit keiner Antwort aufwarten. Es ist nichts so attraktiv, dass wir 4,99 dafür im Monat ausgeben würden – auch wenn dies deutlich billiger ist, als ein Zeitungsabo (und man ein Smartphone nicht mehr zusammen legen muss, wie eine Zeitung).

Die Finanzierung
Keine Frage: Journalisten erzeugen Content im Auftrag eines Arbeitsgebers – dieser sollte sie bezahlen. Doch woher soll der Arbeitgeber das Geld nehmen, wenn Jugendliche wie wir es einmal waren (und von denen es jeden Tag mehr gibt!) nicht gewöhnt sind Zeitungen zu kaufen – für Informationen über das alltägliche Leben auf der Welt Geld zu bezahlen.
In den Kassen der Verlage und Verleger klafft folglich eine große Leere.  Der neuste Genie-Streich, die Paywall – soll dies ändern. Doch ganz ehrlich, liebe Bild.de oder süddeutsche, oder wie ihr alle heißt: Die Paywall wird einfach weg geklickt.
Mit dem Aufstellen einer Paywall verlieren die Verleger einer Zeitung wenn überhaupt User, die aktiv Zeit auf eurer Seite verbringen. Für jedes Angebot mit Kosten erscheint ein weiteres, welches kostenlos ist. Dann wird darauf ausgewichen.

Solche Kunden braucht kein Mensch!
Genau, aber wir wurden ja auch nie gefragt, ob wir unbedingt bei Verlag X Kunde sein wollen. Sie haben ein Angebot im Netz, das wir soweit in Anspruch nehmen, wie wir das wollen. Nämlich solange es kostenlos ist. Danach ist es egal. Der Content unwichtig. Dazu ein drastisches Beispiel: Surft eine Leserin wegen dem Blick-Girl gern auf Blick.ch und scheitert an einer Paywall – tja, dafür gibt es  dann Angebote wie youporn oder die Google-Bildersuche. Ja, dort mag man vielleicht keine Hochglanz Fotographien finden, aber  der Rest tut es auch. Abstriche muss man in Kauf nehmen dafür, dass etwas kostenlos ist. Der Premium Content darf dann ruhig qualitativ besser sein, ausgereifter und/ oder Hochglanz. Doch den darf jemand bezahlen, der diesen bezahlen möchte. Nicht wir.
Noch schlimmer wird es bei den Werbe-Anzeigen: Wie wir vor ein paar Wochen bereits in der Kolumne über Werbe-Blocker schrieben, verwenden wir auch diese. Das heißt die nächste Einnahme Quelle, Werbung, fällt beim Besuch der Nerdbench auf der Seite von zum Beispiel der Allgemeinen Zeitung auch weg.
Dazu verwenden wir noch Ghostery, was auch noch alle Tracker und Cookies blockt, mit deren gesammelten Daten man Geld verdienen könnte.
Wir sind also höchstens eine Zahl in der Statistik der Benutzer der Seite. Aber kein Cent Geld ist aus unserem Besuch heraus pressbar.    

Die Lösung?
Aus unserer Sicht gibt es keine Lösung, um sich direkt Content bezahlen zu lassen. Wieso sollten wir auch Geld für etwas bezahlen, was wir mit eventuellem Abstrich in Qualität und Quantität, an einer anderen Stelle auch konsumieren können?
Nun, eventuell weil wir es müssen. Weil uns keine Wahl bleibt. Wir brauchen also einen Zwang, um für Content zu bezahlen.
Kommt Ihnen das Prinzip bekannt vor? Hören sie da nicht RUNDFUNKGEBÜHREN heraus? Wir möchten natürlich unter keinen Umständen die Politik dazu ermutigen auch noch INFORMATIONSCONTENTGEBÜHREN einzuführen – aber… ja, ohne Zwang, kriegt kein Verlag von uns Geld.
Eine weitere Möglichkeit, auch mit Zwang, wäre eine zusätzliche Journalismus-Abgabe Gebühr beim Verkauf von Internetfähigen Geräten. Dies würde den Kaufpreis aber wahrscheinlich sehr stark anheben – und die Kundenzahl somit wieder reduzieren. Also: auch keine gute Idee.

Die eigene Erziehung der Content-Produzenten
Macht uns das zu schlechten Menschen? Nein. Wir „klauen“ von niemanden etwas. Wir nehmen nur das, was uns offeriert wird. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass es Inhalte von den Tageszeitungen im Internet frei verfügbar gibt. Wir möchten an dieser Stelle sogar so weit gehen, dass wir so erzogen worden sind, dass es diesen Content freiverfügbar gibt – und zwar von niemand anderem als den Zeitungen selbst. Sie haben ihre Kunden selbst erschaffen in den vergangenen Jahren. „Neue“-Medien-begeisterte Menschen nehmen Inhalte seit Jahren kostenlos im Internet auf.
Und niemand hat etwas dagegen unternommen. Ganz im Gegenteil: es wurde ja nicht nur einmal eine Meldung kostenlos ins Internet gestellt. Nein! Wir zählen täglich etliche Meldungen auf jeder einzelnen Tageszeitungs-Seite. Und das soll sich ändern?
Der Mensch verändert sich nicht gern. Wenn er etwas kostenlos gewöhnt ist, macht es keinen Spaß auf einmal Geld dafür zu bezahlen.
Ein anderes Beispiel: 2010 ergatterte einer der Redakteure einen komplett-kostenlos Internet Vertrag für sein Smartphone. 2 Jahre bezahlte er keinen Cent für UMTS im T-Mobile Netz. 2 Jahre kostenloses mobiles Internet. Der Vertrag lief aus. Kurz danach  gab es einen ähnlichen Deal für UMTS unter Base. Das Netz ist natürlich deutlich schlechter, dafür gibt es mehr Megabyte im Vertrag. Natürlich wurde dieser Deal direkt abgeschlossen. Aus 2 Jahren kostenloses UMTS werden somit 4. 4 Jahre kostenloses mobiles Internet ist eine verdammt lange Zeit. Und wir  sind uns sicher: auch im Juni 2014 wird es wieder kostenlose Angebote geben, schließlich gibt es sie wirklich dauernd – eine Verlängerung auf 6 Jahre ist folglich vorprogrammiert. Auch hier findet Erziehung statt: kostenloses Konsumieren – mit kostenloser Anbindung.

Die Zukunft/ Das Fazit:
Wohin geht also die Content Industrie in der Zukunft? Die Nerdbench findet keine Antwort darauf. Natürlich müssen Wege gefunden werden, um den Journalisten das hart arbeitete Geld in die Taschen zu trieben. Schließlich ist der Journalist ein wichtiger Beruf. Lernt und übt ihn niemand aus, verlieren wir die Möglichkeit uns zu informieren. Das möchten wir natürlich nicht. Wir brauchen attraktivere Modelle, an die wir uns auch gewöhnen können. Eventuell muss diese Transformation einfach sehr langsam gehen, langsamer als jetzt – sodass es nicht zu einer Abwehr-Haltung kommt, wie wir sie in diesem Moment haben.
Horror-Vorstellung Nummer Eins wäre natürlich eine Steuer. Doch diese dürfte auch für die Politik eine Horror-Vorstellung sein: Wer entscheidet, welche Verleger und Verlage etwas von der Steuer abbekommen und wer nicht – und noch viel wichtiger: wie viel bekommen die Verleger?

Was denkt ihr? Wohin sollte das Medium Zeitung, der Beruf Journalist, das Prinzip Content-Bezahlung gehen? Wird die Zeitung in den folgenden Jahren noch eine Zukunft haben? Habt ihr das Geheim-Rezept? Rein damit in die Comments!

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